Methadon in der Krebsbehandlung

Dezember 2016

Am 13. November 2016 kam in der Welt am Sonntag unter der Rubrik Wirtschaft der Artikel “Leben hat seinen Preis” von Anette Dowideit. Der Artikel geht um die Behandlung von Krebs, insbesondere um die Behandlung von Eierstockkrebs, Brustkrebs, Leukämie und von Glioblastomen (Hirntumoren) mit Methadon. Es werden viele Einzelfälle aufgelistet und es wird bedauert, dass weder die Pharmaidustrie noch die Deutsche Krebshilfe bereit sind, wissenschaftliche Studien zu finanzieren. Der Grund hierfür ist offensichtlich: Mit Methadon lässt sich kein Geld, Ruhm oder Ehre verdienen.

Da somit leider die Datenlage äußerst gering ist und ich mich hier nicht auch mit Einzelfällen abgeben will, will ich im folgenden eine kleine Übersicht der wissenschaftlichen Fachartikel zum Thema Mathadon und Krebs im Dezember 2016 geben.

Apoptose

Die Apoptose, also der programmierte Zelltod, stellt den wichtigsten Mechanismus bei der Bekämpfung der Krebszellen dar. Hierfür gibt es zwei grundlegende Abläufe:

  • Der extrinsische Weg
  • Der intrinsische Weg

Die Aktivierung eines dieser Pfade führt zur Aktivierung sogenannter Caspasen. Die Caspasen sind verschiedene Enzyme, die über eine Caspasekaskade bestimmte Zellen vernichten. 

Bei den meisten Krebsarten ist dieses Apoptosenprogramm irgendwo unterbrochen oder gestört.

Doxorubicin

Doxorubicin ist ein Zytostatikum und wird zur Chemotherapie bei der Behandlung von Tumoren eingesetzt.  Doxorubicin bindet an DNA und verhindert damit die Vervielfältigung der Erbinformationen; Zellteilung und Zellfunktion werden also behindert. Nebenwirkungen sind Übelkeit, Anämie und Organschäden.

Methadon bei Glioblastomen

Das Glioblastoma multiforme ist der häufigste bösartige Hirntumor mit gleichzeitig einer sehr schlechten Prognose. Die Veröffentlichung unter Punkt (1) von der Arbeitsgruppe um Dr. Claudia Friesen in der Zeitschrift Cell Cycle im Jahre 2014 stellt die Grundlage für den oben erwähnten Artikel in der Welt dar.

Es konnte gezeigt werden, dass cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) das Zytostatikum Doxorubicin, behindert (5,6). D,L-Methadon hingegen reguliert cAMP und andere wichtige Proteine, die die Apotose verhindern, über bestimmte Rezeptoren herunter (1, 3). Wenn die Proteine, die die Apotose verhindern, durch Methadon herunter reguliert wurden, können die Tumorzellen vom Doxorubicin zerstört werden (1).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Methadon zusammen mit einer Chemotherapie das Wachstum von Glioblastomtumoren signifikant verhindert; zumindest in vitro mit Glioblastomtumoren und bei Einzelfällen beim Menschen. Da eine klinische Studie aus oben genannten Gründen nicht finanziert wird, wird es wohl auch in Zukunft bei Einzelfallstudien bleiben.

Methadon bei Leukämie

Es gibt mehrere Veröffentlichungen die belegen, dass D,L-Methadon die Apoptose (programmierter Zelltod) bei Leukämie einleiten und eine Chemotherapie mit Doxorubicin (Zytostatikum) unterstützen (1,2,3,). Weiter konnte gezeigt werden, dass Methadon die Aufnahme von Doxorubicin in Leukämiezellen erhöht (3).

Es konnte gezeigt werden, dass cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) das Zytostatikum Doxorubicin, behindert (5,6). D,L-Methadon hingegen reguliert cAMP und andere wichtige Proteine, die die Apotose verhindern, über bestimmte Rezeptoren herunter (1, 3). Wenn die Proteine, die die Apotose verhindern, durch Methadon herunter reguliert wurden, können die Tumorzellen vom Doxorubicin zerstört werden (1).

Methadon bei Lungenkrebs

Methadon kann das Wachstum und die Lebensdauer von Lungenkrebszellen signifikant behindern (9, 11). An den Membranen von Lungenkrebszellen sind Rezeptoren für Opoide, so könnte Methadon die Zellteilung blockieren und Nikotin kann diesen Effekt wieder aufheben (9). In der Veröffentlichung von 1992 wird vorgeschlagen, Methadon in frühen Stadien von Lungenkrebs einzusetzten (9). Ähnliche Ergebnisse lagen damals auch für Brustkrebs, für Leukämie und Darmkrebs vor (9, 11).

Methadon bei Schmerzen

In der Palliativpflege ist ein gutes Schmerzmanagement wichtig. Ein signifikanter Anteil der Patienten die mit  Morphium behandelt werden, leiden aber unter unerwünschte Nebenwirkungen oder ungenügender Schmerzlinderung. Diese Patienten werden oft auf alternative Opiate umgestellt. Studien haben ergeben, dass Methadon wirksam bei der Linderung von Krebsschmerzen ist und ähnlich sicher bei der Schmerzbehandlung wie Morphium ist (7,8).

Es gibt Studien, die zeigen, dass die klinische Anwendung von Morphium möglicherweise schädlich ist bei Patienten mit Angiogenese abhängigen Krebsarten wie Brustkrebs (10, 12).

Analgesie

Unter Analgesie versteht man in der Medizin das Ausschalten von Schmerzen als Schmerztherapie.

Nebenwirkungen von Methadon

Die Nebenwirkungen von Methadon nach (13) sind

  • Endokrinopathien – Störung der Hormonproduktion, -regulation oder -wirkung mit den dadurch ausgelösten Symptomen.
  • Immunsuppression – Unterdrückung des Immunsystems
  • Neurokognitive Beeinträchtigung.
  • Zellzyklusstörungen.
  • Osteoporose

(1) Opioid receptor activation triggering downregulation of cAMP improves effectiveness of anti-cancer drugs in treatment of glioblastoma. Claudia Friesen et. al. Cell Cycle. (2014)

(2) Methadone, commonly used as maintenance medication for out- patient treatment of opioid dependence, kills leukemia cells and overcomes chemoresistance. Friesen C, Roscher M, Alt A, Miltner E..Cancer Res (2008)

(3) Cell death sensitization of leukemia cells by opioid receptor activation. Friesen C, Roscher M, Hormann I, Fichtner I, Alt A, Hilger RA, Debatin KM, Miltner E. Oncotarget (2013)

(4) Induction of apoptosis in pediatric acute lymphoblastic leukemia (ALL) cells by the therapeutic opioid methadone and effective synergy with Bcl-2 inhibition. Singh A, Jayanthan A, Farran A, Elwi AN, Kim SW, Farran P, Narendran A. Leuk Res (2011)

(5) Promoter hypomethylation regulates CD133 expres- sion in human gliomas. Tabu K, Sasai K, Kimura T, Wang L, Aoyanagi E, Kohsaka S, Tanino M, Nishihara H, Tanaka S. Cell Res (2008)

(6) Arsenic reverses glioblastoma resistance to mTOR-targeted therapies. Iwanami A, Cloughesy TF, Cavenee WK, Mischel PS. Cell Cycle (2013)

(7) The role of methadone in cancer pain treatment—a review. W. Leppert. Int J Clin Pract, 63 (2009)

(8) Methadone for cancer pain. E.E. Prommer. Palliat Care Res Treat, 4 (2010)

(9) Nonconventional opioid binding sites mediate growth inhibitory effects of methadone on human lung cancer cells. Rhoda Maneckjee, John D. Minna. PNAS (1992)

(10) Morphine stimulates angiogenesis by activating proangiogenic and survival-promoting signaling and promotes breast tumor growth.Gupta K, Kshirsagar S, Chang L, Schwartz R, Law PY, Yee D, Hebbel RP. Cancer Res. (2002)

(11) Effects of bombesin on methadone-induced apoptosis of human lung cancer cells. Wendy L. Heusch, Rhoda Maneckjee. Cancer Letters (1999)

(12) Morphine Cross-Reacts with Somatostatin Receptor SSTR2 in the T47D Human Breast Cancer Cell Line and Decreases Cell Growth. Anastassia Hatzoglou, L’Houcine Ouafik, Efstathia Bakogeorgou, Kyriaki Thermos, Elias Castanas. Cancer Research. (1995)

(13) Chronic opioid therapy in long-term cancer survivors. Carmona-Bayonas et al. Clinical and Translational Oncology. (2016)

 

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