Impfungen

Februar 2015

Impfungen für den Hund

Das Impfen ist ein stark diskutiertes Thema und oft prallen leidenschaftliche Behauptungen von Impfkritikern auf eine finanzstarke Lobby der Pharmaindustrie. Wir wollen hier auf die wichtigsten Argumente in dieser Diskussion eingehen und diese auch etwas erläutern.

Wenn Sie mit Ihrem Hund ins Ausland reisen wollen, benötigt Ihr Tier die jeweils vorgeschriebenen Impfungen und einen gültigen EU Heimtierausweis. Jedes Land und jede Veranstaltung hat etwas andere Anforderungen. Wenn Sie verreisen wollen, finden Sie auf der Seite Pets on Tour sehr viele gute Ratschläge. Was zum Beispiel allen Vorschriften in allen Ländern gemeinsam ist, ist eine gültige Tollwutimpfung und die Kennzeichnung Ihres Hundes per Mikrochip. Beides muss im blauen EU-Heimtierausweis dokumentiert sein. Einige Länder fordern eine jährliche Auffrischung, andere nur alle 5 Jahre. Deshalb ist es ratsam sich vorher eingehend zu informieren um vor bösen Überraschungen sicher zu sein. Wenn bei einem Hund ein Tollwutverdacht vorliegt und er nach den jeweiligen Bestimmungen keine gültige Tollwutimpfung hat, kann eine sofortige Tötung angeordnet werden. Eine Behandlung von erkrankten und verdächtigen Tieren ist gesetzlich verboten.

Bevor wir näher auf das komplexe Imfpgeschehen eingehen, kommt hier erstmal eine Übersicht der gängigen Impfungen die zur Verbeugung durchgeführt werden können. Man unterscheidet zwischen inaktiven und Lebendimpfstoffen. Lebendimpfstoffe enthalten den abgeschwächten Erreger, welcher zwar eine Immunantwort auslösen aber nicht zur Erkrankung führen kann. Inaktive Impfstoffe enthalten den getöteten Erreger oder Bestandteile von Viren oder Bakterien, welche dann die Immunantwort auslösen. Hunde werden in der Regel gegen folgende Krankheiten geimpft (alphabetische Reihenfolge):

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Borreliose – Infos über Borreliose 
Lyme-Borreliose Komplex (B), 8. + 12. Woche, optionale Auffrischung jährlich.
Komplex der Borrelia Bakterien umfasst weltweit 12 Spezies. Seit 2010 ist eine Impfung gegen die  Borrelien-Spezies B. afzelii und garinii erhältlich. Hier gibt es einen sehr guten Übersichtsartikel von Herrn Professor Friedrich, bei dem man die Schlussbemerkung beachten sollte.

Hepatitis  – Infos über Hepatitis beim Hund 
Canines Adenovirus (Hcc), 8. + 12. + 16. Woche, optionale Auffrischung jährlich.
Sehr wirksame Immunprophylaxe mit einem nah verwandten Virus, dem caninen Adenovirus 2 (CAV-2).

Leptospirose  – Infos über Leptospirose leptospirose
Leptospirose (L), 8. + 12. Woche, jährliche Auffrischung.
Inaktivierte Impfstoffe mit Leptospira interrogans, Serotyp canicola und Leptospira interrogans Serotyp icterohaemorrhagiae. Impfstoff schützt nicht vor den Serotypen (L. pomona, L. Grippotyphosa), die zurzeit die meisten Infektionen verursachen (1). Es gibt allein in der Spezies Leptospira interrogans über 250 verschiedene Serotypen (2). Die Leptospirose ist auf den Menschen übertragbar und eine meldepflichtige Krankheit. Im Jahr 2011 sind, laut Robert-Koch Institut, 51 Menschen in Deutschland daran erkrankt. Nach der Grundimmunisierung muss eine jährliche Wiederholungsimpfung durchgeführt werden.

Parvovirose – Infos über Parvovirose
Provovirus (P), 8. + 12. + 16. Woche, optionale Auffrischung jährlich.
Es gibt inaktivierte Vakzine und Lebendimpfstoffe. Erfolg der Grundimmunisierung hängt vor allem vom richtigen Zeitpunkt der Impfung ab. Siehe weiter unten „immunologische Lücke“. Für eine Wiederholungsimpfung kann der Parvovirusantikörper-Titer im Blut zur Entscheidung über die Notwendigkeit herangezogen werden.

Staupe – Infos über Staupe
Distemper (S), 8. + 12. + 16. Woche, optionale Auffrischung jährlich.wpid-10055
Es gibt verschiedene Impfstoffe, aber nur die Lebendimpfstoffe haben sich als wirksam erwiesen. Der Erfolg der Impfung und Grundimmunisierung hängt wie bei der Parvovirose vom richtigen Zeitpunkt der Impfung ab. Siehe weiter unten „immunologische Lücke“. Für eine Wiederholungsimpfung kann der Antikörper-Titer im Blut zur Entscheidung über die Notwendigkeit herangezogen werden.

Tollwut – Infos über Tollwut 
Rabies (T), 12. + 16. Woche, optionale Auffrischung jährlich.
Gegen die Tollwutviren sind nur inaktivierte Impfstoffe in Verbindung mit einem Adjuvans zugelassen. Sowohl bei Erstimmunisierungen, als auch bei Wiederholungsimpfungen gilt der Impfschutz für den Zeitraum, den der Impfstoffhersteller für eine Wiederholungsimpfung angibt. Eine Tollwutimpfung sollte möglichst als Einzelimpfung vorgenommen werden. Eine Auffrischimpfung mit einem Einzelimpfstoff erzielt einen besser nachweisbaren Tollwutantikörper-Titer im Blut.

Zwingerhusten – Infos über Zwingerhusten
Zwingerhustenkomplex, canine infektiöse Tracheobronchitis (PI), 8. + 12. Woche, optionale Auffrischung jährlich.
Für die Prophylaxe stehen Lebendimpfstoffe zur Verfügung, die Einzelkomponenten (Bordetella bronchiseptica) und auch Kombinationen enthalten können. Da die Impfung nicht das gesamte Erregerspektrum des Zwingerhustenkomplexes abdeckt und das Krankheitsgeschehen zudem von weitere Faktoren beeinflusst wird, bewirkt die Impfung keinen vollständigen Schutz. Die Impfung ist nur für Welpen unter intensiven Aufzuchtbedingungen, in Tierheimen und Tierpensionen zu empfehlen.
Außerdem gibt es noch einen kombinierten Impfstoff (BbPi), welcher aktiv gegen Bordetella bronchiseptica und das Canine Parainfluenza-Virus immunisiert. Dieser Impfstoff wird über die Nasenschleimhäute des Hundes verabreicht und ist zur Vorsorge bei kurzzeitig erhöhter Infektionsgefahr wie zum Beispiel vorübergehendem Aufenthalt in einem Zwinger oder einer Tierpension empfohlen.

Wer sich genauer informieren will, kann sich die Leitlinie zur Impfung von Kleintieren der ständigen Impfkommission im Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V. genauer anschauen:

Leitlinie zur Impfung von Kleintieren

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Hier geht’s zur Liste der zugelassenen Hundeimpfstoffe vom Paul-Ehrlich-Institut:  pe

Hundeimpfstoffe

wpid-10055Das Prinzip der Impfung anhand der Geschichte

Was eine Impfung ist, lässt sich anhand der Geschichte und am Beispiel der Pocken am einfachsten erklären.

Die Pocken, oder auch Blattern, waren eine gefährliche Viruskrankheit, die über Jahrtausende nicht zu heilen war, wirkungsvolle Vorbeugungsmaßnahmen gab es auch nicht, und an der etwa 30% aller infizierten Menschen starben. Im Jahre 1794 machte sich Edward Jenner ein uraltes Wissen zu Nutze, nach dem einmal von den Pocken genesene Menschen nie mehr an dieser Krankheit litten. Jenner benutzte zum Immunisieren die für den Menschen relativ ungefährlichen und nahe verwandten Kuhpocken.

Was beim Immunisieren passiert, ist im Grunde ein „scharfmachen“ vom körpereigenen Immunsystem. Man zeigt dem Immunsystem den Eindringling und der Organismus bildet Antikörper dagegen. In dem Beispiel hat Jenner dies anhand der relativ ungefährlichen Kuhpocken getan.

Hier zeigt sich auch schon die Problematik der Impfung: Man braucht etwas relativ ungefährliches, das man dem Immunsystem zeigen kann, aber das auch ähnlich genug mit dem gefährlichen Erreger ist, um diesen effektiv zu erkennen und unschädlich zu machen.

Dies lässt sich auch wieder gut anhand der Pocken zeigen. So ist eine Impfung mit dem Kuhpockenerreger zwar relativ ungefährlich, aber trotzdem sterben etwa zwei Menschen pro einer Million Geimpfter an den Kuhpocken. Dies erscheint wenig angesichts der Schwere der Erkrankung, aber für diese zwei Menschen und deren Familien ist dies natürlich unerheblich.

So stellt und stellte sich immer wieder die Frage der Gefahr einer Impfung im Kontext zur Gefahr einer Erkrankung. Hinzu kommt: Je höher der Prozentsatz der Geimpften ist, um so geringer ist das Risiko eines Einzelnen an der Krankheit zu erkranken.

Zusammenfassend kann man sagen, dass diejenigen, die das Risiko der Impfung auf sich nehmen, nicht nur gegen die Krankheit relativ gut geschützt sind, sondern auch diejenigen schützen, die das Risiko einer Impfung nicht auf sich nehmen wollen oder dazu keine Möglichkeit haben.

Das Impfrisiko und seine Bedeutung

Anhand der Kuhpocken und der Pocken kann man erkennen, dass die Frage des Risikos immer eine statistische Abwägung ist. Solange die Pocken überall verbreitet waren und alle Menschen direkt bedroht haben, war eine Impfung aller Menschen sicher wichtig. Seit die Pocken aber fast ausgerottet worden sind, konnte man in den 1970er Jahren die Impfpflicht aufheben, da das Impfrisiko bei weitem über der Gefahr einer Erkrankung lag.

Es wird zwischen LebendimfstoffenTotimpfstoffen und Adjuvanzien unterschieden. In der Immunologie werden Adjuvanzien eingesetzt, um die Immunantwort auf eine verabreichte Substanz zu steigern. Man braucht also beim Einsatz eines Adjuvans weniger vom Erreger oder sogar nur einzelne Zellwandproteine von diesem, um eine Immunantwort zu erreichen.

All diese verschiedenen Möglichkeiten haben ihre ganz spezifischen Risiken und Vorteile. Da man nicht in die Zukunft schauen kann, wie sich Krankheitserreger und deren Pathogenität entwickeln, kann jede einzelne Impfung nur eine Abwägung vom Risiko und Nutzen sein. Hilfreich bei dieser Abwägung ist erst einmal zu wissen, wie gefährlich eine Krankheit ist und ob man überhaupt impfen kann. Wenn man impfen kann, sollte man schauen, in welcher Form geimpft wird. Gegen welchen Erreger wird geimpft? Bei der Borreliose gibt es zum Beispiel 12 Spezies. Nützt es mir den Hund gegen nur eine Spezies davon zu impfen? Wem nützt es einen Hund gegen einen einzelnen Stamm aus dem Zwingerhustenkomplex zu impfen?

Des Weiteren sollte man auch beim Impfschutz die Möglichkeiten und Unterschiede von Grundimmunisierung, Auffrischimpfungen, die „Immunologische Lücke“ und die Antikörper-Titerbestimmung im Blut in betracht ziehen. Hierauf wollen wir im nächsten Kapitel eingehen.

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Die Grundimmunisierung, der Impfschutz und die „immunologische Lücke“

Wie schon oben erwähnt, sagt man bei einer Impfung dem Immunsystem was es bekämpfen soll. Das Immunsystem produziert daraufhin Antikörper und der Körper macht sich bereit, alles was genauso aussieht zu bekämpfen.

Der Welpe hat zum Zeitpunkt seiner Geburt bereits ein voll entwickeltes Immunsystem, aber die Antikörper sind noch von seiner Mutter. Nach der Geburt werden weitere Antikörper mit der Muttermilch aufgenommen. Diese maternellen Antikörper werden nach und nach abgebaut und diese Restmenge an mütterlichen Antikörpern kann die Impfung stören. Diese kritische Phase wird als „immunologisch Lücke“ bezeichnet. Deshalb steht auch auf den Beipackzetteln für Staupe-, Hepatitis-, Leptospirose- und Parvovirose-Impfstoffen: “Der Impfplan muss die beim Welpen vorhandenen, kolostral vermittelten maternalen Antikörper berücksichtigen”.

Der richtige Zeitpunkt zum Impfen ist also erst nachdem alle mütterlichen Antikörper abgebaut sind. Durch eine Antikörper-Titerbestimmung im Blut läßt sich der optimale Impfzeitpunkt und auch der Erfolg der Impfung nachweisen.

Wegen der unterschiedlichen Zusammensetzung der Impfstoffe sollten die Impfstoffe vom gleichen Hersteller sein. Die Dauer des Impfschutzes nach erfolgreicher Grundimmunisierung ist unterschiedlich. Bei Viruskrankheiten wie Staupe, Hepatitis und Parvovirose kann man von mindestens 7 Jahren ausgehen. Bei Tollwut sollte man, auch wegen gesetzlichen Vorgaben, unter vier Jahren bleiben. Wenn man sich nicht sicher ist, kann man den Antikörper-Titer bestimmen lassen.

Hier soll noch erwähnt werden, dass neben der „immunologischen Lücke“ auch Stress oder Krankheit den Impferfolg beeinträchtigen können.

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Gefahren der Impfung

Heute bestreitet niemand mehr, dass es Impfschäden gibt. Gerade die früher viel zu häufig durchgeführte Tollwutimpfung kann zu einigen gesundheitlichen Problemen führen. In Deutschland gibt es eigentlich nur vier wichtige Impfungen für den Hund. Dies sind

  • Staupe (S)
  • Hepatitis (Hcc)
  • Parvovirose (P)
  • Tollwut (T)

Je nach persönlichem Risiko, zum Beispiel wenn der Hund gern aus Pfützen trinkt, ist auch die Impfung gegen Leptospirose empfehlenswert. Fragen Sie hierzu Ihren Tierarzt.

Falls man nicht ins Ausland reisen will, könnte für Staupe, Hepatitis und Parvovirose eine erfolgreiche Grundimmunisierung ausreichen. Wobei man darauf achten sollte, ob die Grundimmunisierung (Bluttest) auch erfolgreich war.

Bei der Tollwutimpfung wird es etwas komplizierter, da man unbedingt die gesetzlichen Vorgaben erfüllen sollte. Die Vorgaben in Deutschland sind heute eine Grundimmunisierung und eine Auffrischung, die der Impfstoffhersteller für die jeweilige Wiederholungsimpfung angibt. Hier kann man sich einen Impfstoff aussuchen, der nur alle drei oder vier Jahre aufgefrischt werden muss. Gerade kleine Hunde oder Hunde mit Autoimmunkrankheiten können aber durch wiederholte Tollwutimpfungen Schaden erleiden. Wenn Sie sich wegen Vorerkrankungen oder aus anderen Gründen Sorgen um Ihren Hund machen, lassen Sie regelmäßig den Antikörper-Titer bestimmen. Dieser wird mit dem „Fluorescent Antibody Virus Neutralization (FAVN) Test“ bestimmt und sollte über 0,5 IU/ml liegen. Bitte beachten Sie, dass Sie aber auch hierfür eine erfolgreiche Grundimmunisierung benötigen. Die Titerbestimmung können Sie in Ihren Heimtierausweis legen und haben für den Fall der Fälle eine sehr gute Argumentationshilfe.

Lassen Sie sich nicht verrückt machen. Es gibt sicher Hunde, die an Impfungen gestorben sind. Es gibt aber sehr viel mehr Hunde, die an vermeidbaren Krankheiten verendet sind. Nun haben Sie das nötige Wissen selbst zu entscheiden.

 

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1. Prevalence of the Leptospira serovars bratislava, grippotyphosa, mozdok and pomona in French dogs. Claire Renaud et. al., The Veterinary Journal 196 (2013).

2. Leptospirosis. Center for Food Security and Public Health. College of Veterinary Medicine Iowa State University. (2005)

 

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